Lesung 2023

 beim Kulturverein Jagdhaus Maxlruh Eicherloh e.V.


26. März 2023, 10:00, nach der Zeitumstellung, an einem Sonntagvormittag.

Meine erste Lesung seit 5 Jahren, und meine erste Einzellesung überhaupt. Es ist kühl und nieselt. Eicherloh liegt mitten im Erdinger Moos, einem kultivierten Niedermoor. Die nächsten Orte sind 4-5 km entfernt (Neuching und Neufinsing), nach Ismaning sind es 10 km. Dazwischen ist so gut wie nichts.
(Genau hier habe ich meine Trilogie angesiedelt)


Als Autor wird man ja ab und zu eingeladen, und bekommt Orte zu sehen, die man von selbst nicht auf dem Schirm gehabt hätte. Meist sind das echte Entdeckungen, zumindest für mich – und so auch hier. Der Begriff "unscheinbares Juwel" trifft es ganz gut. Dabei steht das Haus prinzipiell offen und ist in Eicherloh, um Eicherloh und um Eicherloh herum beliebt.

Das Jagdhaus Maxlruh gibt es seit 1884. Münchner Prominenz hatte sich früher dort zur Jagd eingefunden.
In unserer Zeit wurde es komplett saniert, ist voll ausgestattet und gemütlich. Wir werden äußerst herzlich empfangen.

Junge Musiker begleiten mich, sie machen Stubenmusik. (Die ist traditionell rein instrumental, auf Hackbrett und Gitarre basiert, und entspannend). Dazwischen stelle ich die Ideen der Reihe vor und lese daraus. Interesse und Entgegenkommen, Freundlichkeit und Aufnahme sind überwältigend. Die Verköstigung ist vom Feinsten – Weißwürste, Brezen, frisches Gebäck.
Im Anschluss erfahren wir noch, welche Veranstaltungen hier noch so das Jahr über stattfinden. Sogar ein Open-Air mit mehreren hundert Gästen ist nichts Ungewöhnliches. Es scheint, als helfe der ganze Ort tüchtig mit, damit hier etwas los ist. Ich staune auch nicht schlecht, als ich erfahre, welche Summen aufgebracht und investiert wurden, um Haus und Kulturbetrieb aufrecht erhalten zu können.

Obendrein bekomme ich historische Details zum Jagdhaus – die ich in einer der nächsten Stories verwenden werde. Dieses Versprechen werde ich einhalten. ;-)
Und weil das noch nicht reicht, bekommen wir ein Geschenk: Pralinen und zwei Tassen des Jagdhauses. Das freut mich wirklich sehr, und ich habe jetzt eine neue Lieblingstasse. Kein Witz – ich habe sie fast täglich im Einsatz.


Vielen herzlichen Dank Eicherloh für diesen superschönen Aufenthalt.

Die Tasse ist gerade in Gebrauch.
Und die ersten Takte zur Story, die um dieses Haus kreist, sind schon geschrieben ;-)

Kulturverein Jagdhaus Maxlruh Eicherloh e.V.: LINK

 

Die Erdinger-Moos-Trilogie: "Der sich im Moor versteckt": LINK

 

Eindrücke:

l.o.: das Haus. Wie man am Licht schon sieht, ist das Ganze im 1. Stock

Der Saal von innen, bevor ca. 20 Zuhörer kommen

Vielen Dank an die Musikanten

u.: meine neue Lieblingstasse

 


 

ARCHIV

 

 

 

Januar 2019

 

Herzschläge im Schneeland
„Verkehrsinfarkt“

5 Landkreise rufen den Katastrophenfall aus. 2 davon grenzen südlich an meinen. Skigebiete geben auf. Der Schnee ist zu warm, zu feucht und deshalb zu schwer, Gefahr von Lawinen und Schneebruch ist allgegenwärtig. Erste Orte sind von der Außenwelt abgeschnitten. Weiteren in den betroffenen Landkreisen droht es, weil nur noch Hauptstrecken geräumt werden. In Holzkirchen wird das Einkaufszentrum evakuiert, nachdem das Glasdach einstürzt. Ich hab’s noch gut, ich wohne nebenan, und brauche „nur“ in die Arbeit zu fahren.
Und das geht so:
20 cm Schnee vom Auto fegen, ums Auto herum Schnee minimieren. Losfahren, stecken bleiben, die Räder drehen durch. Der Fahrer des nächsten Autos hilft mir, ein junger Bursche – er kommt ohnehin nicht an mir vorbei. Er steigt in mein Auto, ich schiebe, bin raus. Vielen Dank junger Mann! Wie freundlich und hilfsbereit die Leute im Winter sind …

Ich kaufe mir eine Schneeschaufel, um mein Auto ausgraben zu können, wenn der Schneeräumer, beim Räumen wohlgemerkt, den ganzen Schnee zu meinem Auto hin schiebt - dann muss ich ihn wieder von meinem Auto weg räumen.

Auf der Autobahn (A99, Umfahrung München, nordgehend): Überholverbot für Lastwägen. In der Mittelspur tummeln sich die Brummis, sind fleißig am überholen. Ich fahre mit 70 km/h in der linken Spur (mögliches Maximum auf dem Belag aus warmem und dreckigem Schnee).
Dann Stop. Vor mir fährt die Polizei halb auf meine Spur, hat Blaulicht an, und den Follow-Me-Schriftzug. Der Italiano-Laster auf der Mittelspur soll folgen. Der eine Polizist klappert noch 3 LKW ab, hämmert mit der Faust an die Tür. Führerschein her, folgen, ab auf den Parkplatz, ihr alle uns nach!
Andere Brummis haben schon aufgegeben. Mit Warnblinker stehen sie auf dem Standstreifen und machen Pause.

Um dem Infarkt an der Baustelle zu entgehen, fahre ich 1 Ausfahrt früher ab, will 50 m rüber in den Ort. Keine Chance. 2 m in 10 Minuten. Auf München zu ist der volle Infarkt eingetreten. Also wechsle ich ganz korrekt meine Richtung, hole ganz weit aus, und fahre durchs Erdinger Moos.

Im Erdinger Moos
Enge Straßen, von Matsch überzogen, führen am Kanal entlang. Die Fahrbahnen sind erhöht, eng, holprig und schmierig. Daneben geht es entweder 20 cm aufs Feld runter, oder 2m in den Bach. Wenn ich abrutsche, kommt um diese Uhrzeit so bald keiner mehr vorbei …
Ergebnis: fast 2h Fahrt (für 0,5-1h normal).

Heimfahrt, A99, 17:39, relativ freie Fahrt
Tiefschwarz liegt der Himmel über der Autobahn. Unaufhörlich fallen Flocken daraus herab, direkt auf meine Windschutzscheibe zu.
In Gegenrichtung stauen sich die LKW zweispurig, auf etwa 20 km Länge. Es wirkt mehr wie ein Parkplatz, denn wie eine Autobahnspur. LKW-Überholverbot leuchtet noch auf. Die Polizei scheint aufgegeben zu haben.

Trotz allem bleibe ich dabei: ich liebe Schnee, und ich liebe Winter.
In welcher anderen Jahreszeit erlebt man so viel Zusammenhalt, Spaß und Abenteuer?

o.: in der Früh: mein Auto freischaufeln

M.: Trotz Überholverbot überholen die LKW. Die Polizei greift durch.

3.v.o., r.: dieser LKW hat schon aufgegeben und macht Pause

u.l.: im Erdinger Moos: dieser Weg ist zwar gesperrt. Aber so ähnlich sind die Straßen ...

u.r.: Schnee auf dem Fensterbrett meines Arbeitsplatzes dient mir als Kühlschrank

 


Herzschläge in Schneeland
Leichte Entspannung

Es hat nachts fast nicht geschneit. Ich gehe 2 Straßen weiter, zu meinem Auto. Meine üblichen Parkplätze sind vom Schneeräumer zugeschüttet – ausgraben unmöglich … Nutzbare Parkbuchten sind selten geworden.

Vor 07:00 ist auf der Autobahn nicht viel los. Ich kann fahren, das ist ein seltenes Erlebnis. Alle gestrandeten LKW sind schon weiter. Die kurzzeitige Entlastung ist deutlich spürbar, fast schon mit Händen greifbar.
Südgehend kommen THW-Fahrzeuge mit Blaulicht vorbei, weitere folgen. Sie fahren Richtung Katastrophengebiet, in den Hotspot …

Daheim finde ich meinen Parkplatz halb geräumt vor. Mit meiner neuen Schneeschaufel grabe ich ihn weiter aus, eine Viertelstunde lang, dann hat mein Auto Platz. Passanten rufen mir die üblichen Sprüche und Witze zu. So viel Kontakt finde ich das restliche Jahr über nicht zu ihnen.
Anbei: 1-2 ferne Nachbarn, die ich „so vom grüßen kenne“, habe ich im Winter „kennengelernt“. Wenn sie direkt vorbeikommen, wünschen wir uns Guten Morgen, mehr aus Verlegenheit. Und beim Schneeschippen stehe ich 10-15 Minuten länger an der Straße als sonst.

Am Samstag gehe ich zu Fuß zum einkaufen. Bloß nicht den Parkplatz aufgeben! Bestaune die Schneehaufen, die die Schneeräumer aufgetürmt haben. Keiner weiß, wo neuer Schnee noch hin sollte …
Vor lauter direkte-Wege-fahren habe ich nicht getankt und keine Getränke gekauft. Ab jetzt gehen wir in die Reserven. Aber dazu haben wir sie ja. Und genug Mitbringsel (Leckerlis) aus den letzten Urlauben. Jetzt ist die Zeit für sie. Und für ein Glühbier, zum Warmbleiben.

Winter ist und bleibt meine Lieblingszeit. Trotz allem.
Es ist emotional, also irrational. Aber das macht nichts.

Herzschläge in Schneeland

"Durchatmen"

Januar 2019

 

Montag, 06:12, A99 nordgehend
Schon vor dem Auffahren sehe ich Blaulicht. Südgehend ist ein Pulk von etwa 20 Fahrzeugen unterwegs. Ihnen folgen im weiteren Verlauf weitere 10 bis 20, meist Feuerwehr, alle in Richtung Süden, rein ins Katastrophengebiet.

Der alte Schnee ist ein gutes Stück getaut, und es kam kaum neuer. Zeit durchzuatmen. Im Büro öffne ich mein Fenster, um durchzulüften. Ich höre die Sirenen von Rettungsfahrzeugen.

Mittags kaufe ich Getränke (mehr Wasser als sonst) und tanke. Die Straßen sind frei, die Gelegenheit ist günstig. Vorräte wieder aufzufüllen, solange es geht.
Am Nachmittag gibt es ein Schneegestöber, nichts Großartiges …

Währenddessen, in Holzkirchen, 60km südlich:
Meine Frau erlebt einen Schneesturm, alles ist weiß. Kurz vor der Autobahnauffahrt ist ein großer Unfall, 4 LKW sind umgekippt, nichts geht mehr. Da kein Verkehr von hinten durchkommt, ist die Autobahn frei, es hat etwas von Apokalypse. Nur schnell raus hier, denkt sie sich, einkaufen kann sie auch weiter nördlich, wo es weniger schlimm ist. Sie kauft mehr als sonst, um die Vorräte voll zu machen. Die Gelegenheit ist günstig, wer weiß was noch kommt …

Dienstag: wieder bin ich früh unterwegs, will vor 7 auf die Autobahn. Wieder kommen mir mind. 20 Fahrzeuge mit Blaulicht auf der südgehenden Spur entgegen.

Den ganzen Tag schneit es nicht, im Gegenteil, es taut eher. Uns wird eine Verschnaufpause gewährt – wir haben sie uns verdient.

Bei der Heimfahrt auf der Autobahn: nach über einer Woche ist die Straße trocken. Die Folge: der Anstand ist vergessen, der Wahnsinn ist zurück. Spontaner Spurwechsel ohne blinkern, „sportlich“ von der Mittelspur in die Ausfahrt brechen, auch wenn dort schon andere sind, spontan rechts überholen und ohne blinkern zurück nach links. Ach, wie war das schön, als diese Leute mehr mit Spurhalten beschäftigt waren …

Der Katastrophenfall müsste, für 1-2 Landkreise südlich von mir, ab heute aufgehoben sein.

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When desaster strikes
Ausflug in die Danger-Zone

München, 21.10.2017


Wir gehen ja nicht oft in die Stadt zum einkaufen. Aber wenn, dann ist es was Besonderes.
Nichtsahnend fahren wir in die Stadt, mit dem Auto zum Rosenheimer Platz. Zivile Einsatzwagen kreuzen unseren Weg, schwarze Autos mit Blaulicht jagen die Straßen entlang, in der Vorstadt schon, mindestens 10 Fahrzeuge in Alarm-Modus.
Am Rosenheimer Platz: mind. 5 Streifenwagen und mind. 5 Krankenwagen, der S-Bahnhof sieht gesperrt aus. Was ist denn hier los?
Im Hilton-Parkhaus wollen wir nach draußen. Der übliche Ausgang zur Unterführung, S-Bahnhof und Aufgang zum Gasteig-Kulturzentrum ist gesperrt, das Rolltor ist zu. Durchs Hotel rausgehen? Negativ: das Hotel wird renoviert und ist verwaist. Also wieder rausfahren, kostet 1,50 EUR. Ein Parkhaus weiter. Zu Fuß in die Stadt. Überall sind Polizeiautos, stehen, patrouillieren oder jagen mit Blaulicht und Sirene durch die Straßen. Es wirkt als wäre ein „Killer on the loose“.
Am Marienplatz stehen die Zeugen Jehovas, verteilen Gratismagazine. Deren (ironischer) Titel: „When desaster strikes“.

Wir erledigen unsere Geschäfte (also: Shopping etc.). Der Marienplatz ist voller Touristen, um 11:00 beginnt das Glockenspiel. Aus dem Rathausturm bimmelt es. Dann raunt ein großes „Oh!“ über den Platz, aus dreihundert Kehlen gleichzeitig. Diese Energie, die auf einen Schlag frei wird, überrascht uns. Das reine Gebimmel ist zuende, soeben hat sich die erste Reihe der Figuren begonnen im Kreis zu drehen.
„Im Tal“, der Straße zwischen Marienplatz und Isartor, sitzen immer Obdachlose – zwei, drei. Ein paar Münzen habe ich immer für sie übrig. Heute sind es zehn von ihnen. Wo kommen die auf einmal her? Hat sich die Not bei uns ausgebreitet, oder sind sie zugereist? Einige sehen mir wirklich nach Bettelmafia aus, zur Touristensaison hergebracht o.ä. Heute gebe ich nur zweien etwas, die sich hier eingerichtet haben und „heimisch“ aussehen.
Ich habe, mit meinen Steuern, die Schulder anderer Länder bezahlt – kommen jetzt ihre Bettler zu uns, weil dort keiner mehr Geld hat? Kann ich bei der Verwendung meiner Steuern nicht mitbestimmen? Gerne unterstütze ich soziale Belange, nicht aber die Finanz-“Elite“ ...
Unbekümmert laufen wir zurück in die „Danger Zone“. Im Asia-Markt sehen wir die Sperrung am Rosenheimer Platz und das Aufgebot an Polizei und Sanitätern. Die Kassiererin weiß was los ist: ein Messerstecher hat vier Leute verletzt und ist noch nicht gefasst. Ripper on the loose. Wir nichtsahnend mittendrin. Das Fernsehen taucht auf und macht Aufnahmen. Wir fahren mit dem Auto los, Der Fernsehfritze filmt passierende Fahrzeuge, so auch uns. Wir klappen die Sonnenblende runter, halten uns nicht für interessant genug. Er stoppt und nimmt die Kamera ab.

Zuhause drehe ich am Radio. Auf Bayern 2, der Literatursendund „Diwan“, werden alle vorgestellten Bücher nur verrissen. Gibt es heute nur Negatives? 
Ich bestaune und lese meinen roten Langkornreis aus dem Asia-Markt. Was ich mit ihm machen soll? „Furunkel, für weitere 10 Minuten kochen“. Die Qualitäts-Übersetzung: das spanische „furuncoulas“ heißt auf holländisch „koek“, auf englisch „boil“, auf deutsch „furunkel“ (also: aufkochen). Alles klar?

Morgen bleiben wir zuhause. So viel Aufregung packen wir nicht jeden Tag ...

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Kulinarische Lesung von Hans Montag
Wir sind in Grafing eingeladen und kommen gerne.
Glonn ist ein leuchtender Ort. Durch das starke Gefälle bei der Anfahrt nehmen die Lichter des kleinen Ortes unser ganzes Blickfeld ein. Der Ort wirkt dadurch sehr viel größer.
In der Dunkelheit wird mir erst deutlich, wie hügelig das Land hier ist. Mein Blick ist auf die Straße fokusiert, ohne Zerstreuung.

Hans Montag ist umtriebig. Autor mehrerer guter Romane und Leiter versch. Kochkurse. Warum nicht beides kombinieren?
Der Gast bekommt Einleitung, Vorspeise, ein Kapitel vorgelesen, Hauptgang, usw. Es ist nicht zu viel Text, das Essen ist wirklich sehr lecker, und nach 1,5h ist Schluss. Wer die Möglichkeit bekommt: ich kann es wirklich empfehlen.
Auch sein aktuelles Buch hat mir sehr gefallen.

 

 

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