Retro-Reisebericht Australien 1997


Zitat:
„Das Land ist ja wunderschön. Aber diese Leute - die sind ja alle verrückt!“
Diverse deutsche Touristen

Lebensmotto der Australier:
„No worries!“
(mach dir keine Sorgen)


„Komm doch mal rüber!“, meinte Alex, der ein Semester in Sydney verbrachte.

„Pass auf was du sagst! Ich bin imstande und komme wirklich!“
„Komm doch rüber!“

Ehemalige britische Kolonie, Arrest für Schwerverbrecher, Mitglied im Commonwealth - das sagt schon einiges über das Land. Und Fotos der Tour kann ich locker als Weltreise verkaufen - so abwechslungsreich ist das Land.

30h Reisedauer, 2 Nächte im Flugzeug, und ich war drüben. Völlig jetlagged.

Alex wohnte in einer WG in Sydney, die mich willkommen hieß. In einem netten Häuschen, mit dünnen Wänden und großen Fenstern, ohne Heizung. Doch Juni ist hier Winter, die Tiefstwerte nachts lagen um die 3°C, ich zog beide Pullover übereinander an. Es ist ja der Sommer, vor dem man Angst haben muss, nicht der Winter...

Im Zentrum, zwischen Parks und Wolkenkratzern, gibt es Cafés mit richtig gutem Kaffee. Auf welchem Ufer die Kellner wandeln - da war ich mir nicht so sicher.
Immerhin ist der Mardi Gras / Christopher Street Day von Sydney das größte Fest des Landes - noch vor dem ANZAC-Day! (=Australien New Zealand Army Corps Day - also Veteranentag).

Im Pub ums Eck standen abends die Männer um den Tisch, oder hingen am Tresen. Sitzen war nicht so beliebt. Pubs werben hier gerne mit der Länge ihres Tresens...

Und wenn man schon nie mehr zurükkommt (also ganz früher), muss man es sich gemütlich einrichten. Großes Vorbild in allem, deshalb: England!

Linksverkehr, Reihenhäuser, viktorianische Gebäude, runde Teebeutel in Großpackung - alles da! Die Standard-Biersorte heißt „Bitter“, und schmeckt wie in, na? - England.
Also gibt es auch keinen Ort ohne Pub!

Das Queen-Victoria-Building ist fast englischer als in England, mit filigranem schmiedeeisernem Geländer und einer Uhr, deren Ziffernblatt an Big Ben erinnert. Es beherbergt noble Geschäfte. Klassische Musik schwebt durchs Gebäude, ein Mädel sitzt am Boden und zeichnet.

Die „Altstadt“ ist „The Rocks“: kleine, bunte Häuser auf Hügeln. In einer Bäckerei gibt es Früchte-Pie nach altem Rezept und lindgrünes Holzdekor. Die Zeit muss hier irgendwann stehengeblieben sein.
In einem Pub bestelle ich mir Cola - bekomme Gelächter und mein Glas. Drei Uhr nachmittags - und da bestellt einer was anderes als Bier!

Auf Walkabout

Mit Alex‘ Ford Falcon brechen wir auf zu unserer Tour. In etwa ein Ford-Taunus-Kombi, Bj. `86, mit Automatik, trinkt Super verbleit.

Wir fahren die Ostküste hoch. Es ist grün und dicht besiedelt - alle 20 Minuten kommt ein Ort.
Rückbank umklappen - und wir schlafen im Kofferraum, bei Temperaturen um die 5°C. Geweckt werden wir von der Sonne - und! - vom singen der Kookaburras, das klingt wie ein verrostetes Gartentor: laut, schräg und durchdringend.

Im Ort frage ich nach Kaffee. Das Café ist auch Antiquitäten- und Trödelladen. Doch die alte Frau kann mir nicht helfen. Sie hat heute noch kein Wasser bekommen, deswegen gibt es keinen Kaffee. Ich könne so in 1-2 Stunden nochmals kommen, falls sie dann schon Wasser bekommen hat.

In Queensland wird es wärmer, an der Küste reihen sich Badeorte aneinander, wie z.B. Surfers Paradise (der Ort heißt wirklich so). Wir kleiden uns ein, z.B. mit T-Shirts vom „Shark Catchers Club“, also blutverspritzt und mit einem rausgebissenem Stück - saulustig.

In einer der Städte kaufen wir groß ein, parken im Parkhaus. Bei Rückkehr finden wir einen Gruß vom Wachmann - ein Zettel mit der Aufschrift „You really should lock your car“.
Nichts fehlt, das Auto war abgesperrt.
Bis heute schwören wir Stein und Bein, dass wir das Auto abgesperrt hatten - und er sich einen Scherz erlaubte.

Im nächsten Ort probt die örtliche Pipe‘n‘Drum Gruppe. Ordentlich in Kilt (Schottenrock) und Frack, spielen sie eine Runde Dudelsack mit Pauken.
Wir sitzen im Auto und essen -passenderweise!- Shortbread Fingers (nach schottischem Rezept). Die gibt es hier überall und billig. (Australien war das eine Hauptziel schottischer Auswanderer - Kanada das andere).

Fraser Island - wo der Sand zuhause ist

Im Rahmen einer geführten Tour inkl. Übernachtung schauen wir uns diese kuriose Insel an. Sie besteht aus Dünen, Felsen, Sträuchern, Bächen, Bäumen, Seen, Regenwald. Kratzt man am Waldboden, kommt Sand zum Vorschein. Der Regenwald macht sich sein Mikroklima selbst, die Bäche laufen über gesättigten Sand. Tier- und Pflanzenwelt sind artenreich, und das Gebilde einzigartig. Sand bestimmt hier alles.

Am Strand liegt das Wrack der S.S. Maheno. Die Geschichte des Schiffs (laut unserem Guide): 1914 in Glasgow gebaut, Lazarettschiff in beiden Kriegen, mit Ruderschaden aufgelaufen. Später wollten es Japaner kaufen und nach Japan schleppen. Mangels Zollamt wurden 2 Zöllner dorthin geschickt, zu einer Vor-Ort-Verzollung. Der eine hatte auf dem Weg spontan geheiratet, dem anderen war sein Job auch egal. So blieb das Schiff liegen.
Später entdeckte es die Luftwaffe als Übungsziel. Von etwa 80 abgeworfenen Übungsbomben trafen 3 oder 4 (kein guter Schnitt).

Whitsunday Islands
Ferien für Aussies & Japaner


Die Whitsundays bestehen hauptsächlich aus Palmen und weißem Strand. Vom Festland starten Tagesausflüge, im fernen Japan Direktflüge zu Hamilton Island.

Japaner: fahren Hamilton Island mit dem Golf-Caddy ab. Die ersten nehmen uns gleich mit, auf ihrer Landkarte zeigen wir unser Ziel. Das verstanden sie (englisch nicht).

Australier: sitzem am Tresen, trinken Bier auf dem Barhocker am Pool. Wer genug hat: nach hinten umfallen und baden gehen.

Great Barrier Reef

Das Radio von Cairns startet eine Unterschriftenaktion: „Bring AC-DC auch in unsere Stadt! Wir wollen ein Konzert!“ (Der Jingle des Senders war übrigens eine stöhnende Frau)
Cairns ist der einschlägige Ausgangspunkt für das Great Barrier Reef.

Alex machte den Tauchschein. An Tag 1+2 taucht man im Pool, um atmen und Zeichensprache zu lernen. Wer die Lust verliert, kann jetzt noch aussteigen und braucht nicht zu bezahlen. Die Aussteigerrate dürfte so bei 20-30% liegen.
Von Tag 3-5 tauchen sie im Meer, erzählen abends aufgeregt von Haien (irgendwo tief unten), vielen bunten Fischen und Korallen. Am Ende steht der Tauchschein (weltweit gültig).

Ich zog es vor nur zu schnorcheln. Ein Motorboot brachte mich mit ca. 5 Leuten raus zum Schiff. Dieses klapperte die einfachen Riffe ab, nach 1 Übernachtung ging‘s zurück an Land.
Und wirklich: kaum hatte ich den Kopf unter Wasser, zischten winzige Fische vorbei, weiter unten die größeren, die Korallen farbenfroh. Das war echt beeindruckend!

Doch Wasser ist nicht so mein Element. Ich nutzte die freie Zeit zum ausruhen und bummeln.
Malcolm, ein Zimmergenosse (und Australier), checkte aus - ich sollte ihn aber abends nochmals ins Hostel lassen, zum duschen. Klar, aber beim Bummel verloren wir uns. Ich machte mir schon Sorgen, ihn selbst juckte das nicht. No worries! Das hört man echt 20x am Tag mindestens.

Wir hockten uns ins Café, tranken einen Krug Bier (1 Liter), und schauten vorübergehende Leute an. Das ist hier echt eine überaus beliebte Beschäftigung.
Um 21 Uhr sollte ihn das Hostel-Personal zur Greyhound-Bus-Station fahren. Um 21:30 überlegten wir, um 22:00 ging er fragen. Er kam zurück und kringelte sich vor lachen. Das Mädel sei besoffen vor der Glotze eingepennt - saukomisch. Aber gleich würde sie ihn fahren. No worries, mate!

Over the hills and far away

Die Great Dividing Range ist die Bergkette parallel zur Ostküste, die Küstenregion von Wüste trennt - daher der Name. Die Berge sind grün, wie die Ostküste, in allen Farbtönen. Zuckerrohr und Palmen, Ackerland, dunkelgrünes Weideland, Wind und Wolken, weiße Holzhäuser als Farm, mit Windrad für die Wasserpumpe - das alles findet man hier.


Westlich der Berge zieht sich das fort, langsam übergehend zu den „Wollies“.

Die Great Dividing Range                                        in den Wollies


Die Wollies

In den Wollies wachsen Eukalyptusbäume. Ihre Wurzeln reichen tief in den Boden, um an Wasser zu kommen. Eigentlich sehen sie ganz gut aus.
Doch mehr gibt es hier nicht. Kein Gras, keine Büsche.

Das war ein echtes Problem für die ersten Expeditionen. Ohne Kompass läuft man im Kreis, alles sieht gleich aus, und das Grundwasser ist tief. So geht das 200 km lang. Heute folgt man der Straße, zwei Stunden, immer geradeaus.
Nach einem schmalen Stück „Badlands“, mit trockenen oder verbrannten Büschen, kommt schließlich das Outback.

Im Outback

Roter Sand, flaches Land. Bis zum Horizont. Bis zu jedem Horizont, rundum. Ab und an eine Wüsteneiche, immer wieder Grasbüschel. Blauer Himmel, glühende Sonne, und der Highway.
Vom letzten Ort zur nächsten Tankstelle sind es 200 km, dazwischen ist nichts. Kein Parkplatz, kein Telefon, kein Abfalleimer, nichts. Der Highway wurde nach britischem Vorbild gebaut - also einfach über die Landschaft geteert. Steht ein Berg im Weg, fährt man außenrum. Das hilft gegen Ermüdungserscheinungen, man ruckelt rauf und runter. Tempo 100 und 160 sehen gleich aus, nur dass überfahrende Tiere weniger Reaktionszeit lassen.

Alex und die Termiten


Sobald man stehenbleibt und die Motorhaube öffnet, um z.B. Öl nachzufüllen (mussten wir ständig), bleibt der Nächste stehen und fragt ob man Hilfe braucht.

Die Farben der Wüste und Halbwüste wurden uns in all den Tagen nicht langweilig.

Nach Tennant Creek, dem nächsten Ort, waren wir 2 Tage unterwegs. Beide Tage waren gleich.
Aufstehen, von der Luftmatratze neben dem Auto, im Wüstenstaub, etwas abseits des Highways (ohne Zelt natürlich). Kaffee kochen und frühstücken. 8 Stunden autofahren. Abends neben dem Highway parken, Gaskocher raus und Essen kochen. Wir hatten am Tag gesehen: 2 Orte und 2 Tankstellen.

Tankstelle:

2 Säulen im Sand, daneben Schilder aus Brettern, darauf gepinselt: „Diesel / Super verbleit“. In der Hütte: Sandwichs, Schokoriegel, Heftchen, Instant-Kaffee im Styropor-Becher, schwarz oder weiß („weiß“ heißt, der Verkäufer kippt nach s-e-i-n-e-m Belieben H-Milch dazu. Vorbild: natürlich England). Das war‘s dann für die nächsten 2 Stunden.

Hier ist auch das Land der Road-Trains. Peterbilt-Trucks, mit Kuhfänger vorne, und 3 Anhängern hinten.
Überholt man sie, muss man aufpassen. Der letzte Anhänger schlingert meist, und das Überholen zieht sich.

Northern Territory

Tennant Creek (3.000 Einw.) besteht aus dem Roadhouse = großem Rasthaus, mit Tankstelle und großem Truck-Parkplatz, sowie ein paar Häusern der wenigen Bewohner, überwiegend Aboriginies.
Der Berkly Highway (aus Queensland) endet hier bzw. wenig nördlich, in den Stuart-Highway - der in Nord-Süd-Richtung durchs Herz Australiens führt.

Wir fahren nach Norden, zum Kakadu Nationalpark. Die Küste ist nicht mehr weit, es wird grün. Hier gibt es Sandsteinberge mit weitem Ausblick, zahlreiche Felsmalereien, Flüsse mit Krokodilen, und das Feuchtgebiet.
Im Sommer überschwemmt der Monsun das Tiefland, Fische tummeln sich. Das zieht Vögel an; im Herbst und Winter trocknen die „Billabongs“ nahezu, die Fische sind gefangen.
Der Winter, Juni bis August, ist hier kühl und trocken. Kühl heißt: tagsüber unter 40°, nachts unter 30°C.

Der Kakadu NP                                                                  Yellow Waters ("Wetlands")


Immer wieder sieht man verkohlten Wald. Hier im Park dürfen die Ureinwohner tun, was sie am liebsten tun (nein, nicht zündeln): nach dem Land sehen.
Manche Baumarten brauchen Feuer für ihre Saat. Außerdem brennen sie nur Stücke ab, in etwa wie ein Schachbrett, vorsorglich, um flächendeckende Brände zu vermeiden.

Nachts wecken uns Tapplaute auf dem Boden. Alex zückt seine Knipse mit Blitz, hält auf das Tier und knipst. Welche Reaktion löst der Blitz aus? Es ist: ein Känguruh. Es passiert: gar nichts.

So jagt man Känguruhs:
Sie sitzem im hohen Gras versteckt. Man wirft einen Boomerang über das Gras, der ein sausendes Geräusch macht. Känguruhs sind neugierig und schauen nach. Jetzt sieht man sie und kann sie mit einem Speer oder Gewehr erlegen.

Das erklärt uns ein Aboriginie-Mädchen im Gift-Shop. Außerdem gibt es Holztiere als Spielzeug zum Kauf. Ich amüsiere mich, dass Kinder hier mit Dingo, Schaf und Krokodil spielen (statt mit Autos).
Nein, das fertigen sie für Touristen. Vom Erlös kaufen sie dann Munition, zum jagen.

Wie heftig der Monsun sein muss, erahnen wir an den zahlreichen Flussbetten, die der Highway überquert, die aber alle trocken sind. Doch alle haben Namen.
Zuerst kommen die Entdecker (Flinders Creek, Stuart Creek), danach britische Namen (Croydon Creek, Waverley Creek). Irgendwann gingen die Namen aus, und 2 Flüsse hintereinander heißen (ungelogen!): Morning Coffee Creek, Afternoon Tea Creek.

Katherine Gorge ist etwas Schönes. Ein System aus Wasserwegen zwischen Felsen (10-20m hoch). Man paddelt dahin und bestaunt die bunten Steine, geht an Land, sitzt unter einem Baum, geht wandern oder baden. Traumhaft!

Eines Abends sind wir in der Tiefebene unterwegs, kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Wir machen Pause und gaffen auf den Highway. Lichter kündigen einen Truck an. Gleich muss er kommen.
10 Minuten später: gleich muss er kommen.
Nach 12 Minuten: wir hören ihn schon!
Nach 15 Minuten: gleich muss er - whuusch! Padong, padong, padong!

5 Minuten danach: wir hören und sehen ihn entschwinden.
8 Minuten: wir sehen ihn entschwinden.
10 Minuten: wir sehen ihn immer noch.

Wir haben keine Ahnung, ab welcher Entfernung wir ihn kommen sahen - sind vollkommen gestrahlt ob der Weite des Landes.
Doch das ist die richtige Verfassung, um in Daly Waters (16 Einw.) einzurollen.

An der roten Ampel bleiben wir stehen. Die Ampel ist immer rot, und steht direkt neben dem Pub. Dort ist die Stimmung prächtig. Wir spielen Billard, trinken Bier, Alex unterhält die Bewohner mit Ratespielen. Hier ist auch der richtige Ort, seine Bayernfahne zu verschenken. Das Pub ist voll dekoriert mit Fahnen (Berlin war schon da), Geldscheinen aus aller Welt, sogar Ausweise und Führerscheine sind an Säule und Wand getackert. Ich schaue einen der Führerscheine genauer an. Beruf: Busfahrer; Nationalität: australisch. Alles klar.

Daly Waters Pub - mit der "am weitestenvom                                 ein Road-Train, mit 3 Anhängern

Straßenverkehr entferntesten Ampel Australiens"


Südlich von Tennant Creek ist Baustelle. Und nachdem hier alles 1-2 Tage Anfahrt hat, muss sich das rentieren. Also wird nicht ein wenig geteert, sondern richtig.
Wir fahren eine halbe Stunde mit Tempo 60 auf gewaltzem Sand, neben der Straße her. Auf dem Highway tummeln sich drei dutzend Baufahrzeuge in einer eigentümlichen Farbe. Die Bagger, Kieslaster und Dampfwalzen sind nicht etwa gelb, sondern rosa.

The Red Centre

Floodway: Wenn es regnet, läuft hier                                                                          Stanley Chasm

der Sturzbach über den Highway


In Alice Springs (21.600 Einw.) halte ich Ausschau nach Glitzerklamotten und hohen Schuhen, finde aber nicht mehr als 2-3 Leute damit. Der Film „Priscilla - Königin der Wüste“ (von 1994) suggerierte mir das, sowie die Erzählung einer Einheimischen. Die Schauspieler liefen damals ohne Vorwarnung durch die Stadt (sog. „first shots“, also ohne Probe), ernteten aber nur wenig Verwunderung (die gleich gefilmt wurde) - als ob das öfters vorkäme.

Doch in „The Alice“ ist heute Kamelrennen! Die Stimmung ist prächtig, und wir staunen nicht schlecht, als Kamele und Jockeys mächtig lospreschen! Jedes Pferderennen ist kalter Kaffee dagegen ...

Kamele werden hier übrigens gezüchtet und in arabische Länder verkauft - weil ihr Stammbaum viel reiner ist.

Früh morgens sind wir am Uluru - oder Ayers Rock [ährsrock]. War das Land bislang bretteben, von einzelnen Tafelbergen und Sandsteinflanken abgesehen, zieht einen dieser Monolith schon von fern in seinen Bann. Die Strahlen der aufgehenden Sonne verwandeln ihn in einen leuchtenden Berg in dunklem Land.

Nachdem uns ein Engländer am Vorabend von der Besteigung abriet, bleibe ich unten. Zuvor war es ein mythischer Riesenberg, meinte er, danach nur ein weiterer Berg den man besteigen kann. Außerdem sehen es die Aboriginies nicht gerne.

Alex spaziert rauf, ordnungsgemäß mit Sonnenhut, ausreichend Trinkwasser, Brotzeit und festem Schuhwerk. Ich bastle an der Autotür, um die Fensterkurbel wieder einzuhängen.
Dabei sah ich 3 junge Australier aufbrechen. Sie hatten weder Wasser, noch Proviant oder Sonnenschutz dabei - nicht mal gescheite Schuhe. Ihre einzigen Gegenstände:
eine Knipse und ein Surfbrett.

Uluru, der Ayers Rock, bei Sonnenaufgang                                                      Kala Tjuta - die Olgas


Gleich nebenan (40 km - was ist das schon?) stehen „die Olgas“ bzw. Kala Tjuta.
Das sind 36 Berge auf einem Haufen, der höchste 564m hoch. Wir wandern zum Walpa Gorge, zwischen den Bergen. Man kann bequem reingehen - und hören, was die poröse Oberfläche mit dem Schall macht (er läuft sich tot darin). Man hört: nichts! Das Nichts!
Das war eine irre Erfahrung.

South Australia

  Nicht zu weit vom Highway entfernen!                                                    nach Opal suchen ...                                                             

 

Coober Pedy kommt vom Aboriginie-Ausdruck „Kupa-Piti“, und heißt „Loch des weißen Mannes“, oder „weißer Mann im Loch“.
Und Löcher gibt es hier mehr als man sehen kann. Riesige Schilder neben der Straße warnen eindrücklich und bildlich davor, sich mehr als 3m von der Straße zu entfernen. Die Wüste ist untertunnelt, man kann einbrechen - oder der weiße Mann sprengt neue Gänge.

Hier sitzt jeder im Loch. Die Häuser sind alle im Boden, damit es innen angenehm kühl bleibt. (Im Sommer kann es bis zu 50°C haben) Tür und Dach sind oberirdisch, der Rest spielt sich unten ab.
Geteert sind nur die Längsstraßen. Die Querstraßen sind nur Sand zwischen den Häusern. Pick-Ups wirbeln Staub auf, parken am Supermarkt neben einem, per Warnschild „Explosives“ warnen sie vor ihrer Ladung. Western-Feeling pur!


Unser Auto braucht einen neuen Ölfilter, fällt also 2 Tage aus. Bleibt Zeit für eine geführte Touri-Tour. Highlights der 2000 Einwohner Metropole sind:
- Der Golfplatz, der alles hat, was ein Golfplatz braucht. Auch das obligatorische Schild „Keep off the grass“-nicht den Rasen betreten. (Das einzige das fehlt, ist Gras).
- Der Friedhof, mit seinen kuriosen „Grabsteinen“. Der beste ist ein leeres Alu-Bierfass, mit der Inschrift: „Have a drink on me!“
- Der Hundezaun, etwas außerhalb, mit 5.412 km Länge der längste Zaun überhaupt, läuft durch 1/4 des Landes. Im Süden: Schafe. Im Norden: Dingos = wilde Hunde, die nicht bellen, aber beißen (z.B. Schafe).
- Der Strand. In Coober Pedy gibt es alles, ausser einem Meer. Aber Strand gibt es genug.
- Außerdem sieht man Locations aus den Mad-Max-Filmen
ach ja: das einzige Gras ist vor der Schule, für den Sport.

Im Pub finden wir die volle Bandbreite! 4 Monitore, für:
- TV, mit Nachrichten (darf nie fehlen)
- Übertragung vom Hunderennen, mit der Möglichkeit Wetten abzugeben
- Übertragung vom Pferderennen, mit der Möglichkeit Wetten abzugeben
- dem Kneipen-Bingo. Per Zufallsgenerator wählt der PC Zahlen. Tippzettel sind vor jeder Runde abzugeben und einzuzahlen

Dazu trinkt man natürlich Bier, nicht zu wenig. Australier lieben es ihr Geld rauszuhauen.

oben links: der Golfplatz
oben Mitte: gleich kommt ein Schule-Warnschild
oben rechts: Grab-Inschrift: have a drink on me!
unten: im Hostel: jeder schläft hier unter der Erde


Wir verlassen den Stuart-Highway, biegen auf den Oodnadatta-Track, zu entlegenen Gegenden. Wüste ist hier überall, doch nach der Abzweige zum Lake Eyre kommt (schon wieder) ein riesiges Warnschild „Remote Areas Ahead“. Genug Wasser und Sprit mitnehmen, Verwandte unterrichten, wenn das Auto aufgibt: niemals einfach losgehen! (Flugzeuge finden Autos in der Wüste, einzelne Personen eher nicht).

Achtung: Remote Areas Ahead                                                                                   Marree: Endstation


Marree (70 Einw.) ist Endstation für die Loks. Die letzten stehen am Bahnhof und rosten vor sich hin. 1980 wurde die Strecke stillgelegt. In Ruhe kann man die alten Loks erkunden, das stört hier niemanden.

Ach ja: die Ortsschilder in Südaustralien verraten die Einwohnerzahl.

Remote Areas ...


William Creek (5 Einw.) besteht aus einer Tankstelle, Hotel mit Pub, Zeltplatz, einer Telefonzelle und einem Warnschild „Animals Crossing“. Neben der Telefonzelle steht eine Parkuhr - funktionstüchtig! (Geschenk der Stadt Melbourne). Wer dort parkt, muss zahlen. Will man sich das Geld sparen, parkt man woanders (man hat ja etwa 500 km zur Auswahl). Klar dass ständig Autos parken und Geld einwerfen!

William Creek: 5 Einwohner, 1 Parkuhr


Wir kommen zum Lake Eyre South, dem kleinen Bruder des Lake Eyre. Und: der Boden ist matschig! Emu-Spuren ziehen sich entlang in die Mitte des „Sees“. Die meiste Zeit ist es ein trockener Salzsee - da ist Matsch eine kleine Sensation.

Nach einer längeren Wüstenetappe kommen wir in die Flinders Ranges, einer Bergkette Richtung Südküste. Es wird kühler (ca. 15°C), grüner, mit Gras und Eukalyptusbäumen. Viele Känguruharten ziehen sich hierher zurück, bei einem Spaziergang scheucht man sie zwangsläufig auf. 

Ausgedehnte Weinfelder bestimmen die Gegend, wir lassen das Outback endgültig hinter uns. Wir besuchen einen Weinhandel. Es gibt Portwein, in Plastikkanister, aus dem einzigen Fass. Also rein damit. Ich frage die Frau, wie stark er ist und woher er stammt oder ob er einen bestimmten Namen hat. Sie weiß es nicht, aber ihr Mann käme später. Der klappert die Winzer hier ab, bringt den Wein, dann schütten sie alles zusammen in dieses Fass.
Ich wünschte mir, bei uns wäre man genauso bedingungslos ehrlich.

Adelaide

Adelaide (1,1 Mill. Einw.) ist Hauptstadt und Zentrum von Südaustralien. Neugotische Kirchen sehen nach England aus, Kunst hat ihren Platz, ausgedehnte Parks laden zum verweilen.
Im Pub hängen viele Edel-Punks ab, mit grauen Mänteln und Riesen-Irokesen. Zum Drink gibt es coole Electro-Beats.

Great Ocean Road

243 km lang zieht sich die Great Ocean Road durch Victoria, immer an der Steilküste entlang. 12 Apostel und London Bridge sind die bekannten Felsen vor der Küste, bei richtigem Sonnenstand dramatisch beleuchtet.
Im Meer sehen wir es planschen. Der Blick durchs Fernglas bestätigt uns Schwanzflossen von Walen.

Victoria ist grün und bergig, mit Dauerregen und Temperaturen um die 15°C. Im Sommer bleiben die Temp. unter 40°.

Melbourne sieht im Zentrum sehr englisch aus, der Bahnhof viktorianisch, in den Spiegelglasfassaden der Wolkenkratzer spiegeln sich Altbauten wie in englischen Städten.

Wir übernachten bei einem Bekannten von Alex - ein echter australischer Städter. Am Feierabend wird gleich die Krawatte gelockert und das erste Bier gezischt (er könne es sich gleich einreiben, meinte er). Von seinem Land kennt er nur Melbourne, Adelaide, Sydney, und die Straße dazwischen.

Melbourne


In der Stadt will ich eine Malerei an der Hauswand knipsen (Street Art), drehe an meinem Objektiv. Ein Typ läuft mir ins Bild, ruft mir etwas zu. „Willst du ein Bild mit mir?“ Er setzt sich auf einen Stempen, stützt den Kopf auf den Arm, sieht fragend ins Bild. „Gut so? Hast du‘s? Danke, einen schönen Tag noch!“

Schnee auf den Bergen

Die letzte Etappe bringt uns über die „Alpen“ und die Snowy Mountains. Die Gipfel sind um die 2000m hoch, wir sehen deutlich die Schneefallgrenze. Die Straße ist nicht mehr geteert.
Eine Autowerkstatt wirbt mit Schneekettenverleih. Man kann sie hier ausleihen, und hinter den Bergen wieder abgeben. Es geht durch den Schnee! Wir nehmen welche mit, sicher ist sicher...
Es geht höher und noch höher. Und dann sind wir drin! Wir sind wirklich drin! Sofort bleiben wir stehen, laufen raus und bewerfen uns mit Schneebällen. Und nochmal, fürs Foto!
Falls Creek ist ein Skiresort. Ein Sessellift bringt die Leute hoch, zwischen Eukalyptusbäumen fährt man ab.
Nach einer kumulierten Fahrzeit von 20 Minuten (die ganzen Pausen also abgezogen) sind wir durch den Schnee und fahren wieder nach unten. Die Schneeketten hatten wir gar nicht gebraucht.

Die Straße bringt uns durch das ACT (Australian Capital Territory), das Gebiet um die Hauptstadt Canberra. Durch die Rivalität zwischen Sydney und Melbourne, beschloss man um 1900, eine neue Stadt als Hauptstadt zu bauen.
Viele Einwohner arbeiten in der staatlichen Verwaltung, viele Staatsgebäude sind frei zugänglich. Wir schauen uns das Parliament House an, ein Neubau von 1988.
Das Farbschema ist an das Londoner Parlament angelehnt: House of Commons = grün, House of Lords = rot, wobei die Farbtöne an das Land angepasst sind. Das Grün erinnert an Eukalyptus, das Rot an Farben des Outbacks. Einer der Tische ist ein Geschenk Kanadas.

Nach 6 Wochen Rundreise sind wir wieder in Sydney, werden freudig empfangen.

Es fühlte sich an wie eine Weltreise, so abwechslungsreich wie es hier ist. Das Land ist wirklich wunderschön. Und der hemmungslose Humor der Menschen - der fehlt mir, bis heute. 



Alle Fotos: Alex Hamp
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Eine kleine Statistik:
14.000 km,
1.600 Liter Benzin, Super verbleit,
14 l Motorenöl,
8 l Automatiköl,
1.400 $ für Benzin,
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Dies & Das

Vor Landeanflug: das Bordpersonal versprüht Desinfektionsmittel über die Köpfe der Passagiere. Ob das was hilft?
(Früher wurde jeder Einwanderer außen und innen desinfiziert und seine Klamotten verbrannt - um ja jeden Erreger vor der heimischen Tier- und Pflanzenwelt fernzuhalten).

Food-Courts: sind beliebt und verbreitet. Man holt Essen und Trinken von verschiedenen Ständen, und isst an gemeinsamen Tischen in deren Mitte.

Die Zahl der Einwohner mit asiatischem Hintergrund hat sich erhöht, v.a. in Sydney. Besonders sichtbar wurde es uns z.B. beim Bowling.

Walkabout: ist Urlaub auf unbestimmte Zeit.
Effektiv kommen junge Leute nach Europa, bleiben etwa 2-3 Jahre. Oft trifft man sie in Schottland und Irland, in einem Hostel arbeitend.
Eines in Schottland hatte einen Außenbereich zum grillen, „The Outback“, denn das gehört für Australier dazu. Temperaturen von 10-15°C, bei Regen und Wind, halten sie nicht ab. Und manche von ihnen laufen in kurzer Hose herum (z.B. aus Prinzip).

Im September fliegen sie zum Oktoberfest nach München

Als Anhalterin nahmen wir mal eine Lehrerin aus Deutschland mit. Ihre Schüler-/innen (14-jährig) erkundigten sich nach Trends in Mode und Musik. Standardfrage: wie ist das in England?

Einwanderung: britische Behörden achteten früher sehr auf die Zusammensetzung der Einwanderer, damit die britische Kultur in der Kolonie vorherrscht. Nach eigenem Selbstverständnis sieht die Abstammung der Australier ungefähr so aus: ca. 35% englisch, etwa 15% schottisch und irisch, danach alle anderen Europäer, nicht-europäisch: unter 5%.
Ab etwa den 1950ern wurde die Einwanderung freigegeben, seitdem stieg der nicht-weiße Anteil.
Limitiert wird die Zuwanderung vom vorhandenen Trinkwasser. (Platz wäre sonst genug)

Staatsoberhaupt (offiziell): die englische Queen

In einem Klatschmagazin las ich von einem Mann, der sich gern in sein Häuschen zurückzog, und die Fische im See beobachtete. Dazu hatte er sich sogar ein Fischkostüm angefertigt. Eines Tages wurde er tot am See aufgefunden, in seinem Fischkostüm, ohne erkennbare äußeren Einflüsse.

Wenn man abseits sitzt (weil man z.B. etwas Ruhe braucht): wird man in Ruhe gelassen. Keinen Menschen interessiert was los ist. Das fiel mehreren Besuchern auf, und wirkte als unheimliche Freiheit (auch auf mich).

Kehrseite: die Selbstmordrate ist eine der höheren.

Deutschland ist für Australier: Land der schnellen Autos, Autobahnen ohne Tempolimit, UND: Das-Land-der-ausgeprägten-Dialekte.

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Zur Einreise:
Visum ist Pflicht und muss vorab im Heimatland beantragt werden.
Impfungen: sind nicht vorgeschrieben, hatten wir auch nicht.