Prag
Mai 2011
Tschechien ist ein Sportplatz. Im Flughafen konnten wir 2x Tschechen beim Kicken und Biertrinken erleben – wo andere sitzen, telefonieren, Kaffee trinken. Wir hoffen also auf unkomplizierte
Leute.
Die Grenze ist weg, aber wir wollen Geld wechseln und eine Autobahnvignette kaufen. Nur 2 der vielen Gebäude sind geöffnet – die Tankstelle, und direkt dahinter, im gleichen Gebäude, mit direktem
Durchgang: eine Sports-Bar. Dort gibt es Sportübertragungen und Bier, auch mittags schon.
Die sympathische und schlanke junge Frau kann nur wenig Englisch, tippt ständig in ihren Taschenrechner, zeigt mir ihre Zahlen, als Vorschlag für den genauen Wechselbetrag. Das mag wirken wie es
will, ich finde es unkompliziert und sympathisch.
Wir wollten zelten, im Stadtgebiet. Anfang Mai ändert sich das Wetter, nachts geht es runter bis 0°C. Kurz vorher buchen wir ein Zimmer auf dem Platz. Mein kleiner Yaris parkt auf dem
Campingplatz, nacht abgesperrt, sicher vor Einbruch und Diebstahl. Im Laufe der Tage wandern Bier und Kekse in den Kofferraum, als Souvenir – nicht dass etwas fehlt.
Es klingt dramatisch. Nachts wachen wir 2x auf, weil die Lady nebenan laut schreit. Die Wände sind dünn. Wird sie gewürgt? Oder ist sie in Ekstase?
Nachdem sich das nachts darauf wiederholt, und nur nachts, haken wir es als amouröse Eskapaden ab. Den wenigen anderen Autos nach müssten es Ungarn sein … Unsere durchgelegenen
Einzel-Couch-Betten wackeln in ruhiger Lage schon …
Davon inspiriert knutschen wir tagsüber in der Stadt. Nicht einfach so, sondern um Tumult auszulösen. Das geht besonders gut, wenn Klassen etwa 14-jähriger Schüler um einen herum sind.
In einem schicken Kaffeehaus gibt es altmodische Tortenstücke, die nach Wiener Tradition aussehen, Kaffee und Nippes junges Leben.
Wir wollen uns die Synagoge anschauen, eine, die nicht komplett zerstört wurde. Sie stammt aus dem Mittelalter und vieles ist erhalten oder restauriert.
Im Laden nebenan erstehen wir ein Buch mit jüdischen Erzählungen aus Prag, wie etwa mit dem Gilgamesh, der die Gemeinde immer wieder beschützt hatte.
Auf dem Weg zum Kongresszentrum steigen wir bei der Metro-Station Vltavská aus. Oben stehen Altbauten, die nach Jugendstil und Gründerzeit aussehen, nach Wien oder Berlin.
Unten sind einzelne Verkaufsstände vor kahlen Betonwänden, wir fühlen uns wie in Russland.
Am Kiosk des Messegeländes gibt es, wie bei meinen letzten Besuchen (15 Jahre früher) billigen Kaffee. Cappuccino-Pulver mit Heißwasser aufgiessen, kleiner Plastikbecher, macht 50 Cent.
Beim Abendessen, in einem asiatischen Restaurant, hören wir vertraute Klänge. Im östlichen Europa lebt er noch, teils sogar bis heute. TechnoTechnoTechno.
Sonst so?
Im Supermarkt, auf dem Weg von der U-Bahn zu unserem Zimmer, gibt es außer Bier und Erdnüssen auch einheimischen Rotwein. Ja, wirklich: ganz im Süden der Tschechischen Republik gibt es
Weinfelder. Nach einem Tief während des Kommunismus werden sie wiederentdeckt und gepflegt. Das Etikett ziert, wie sollte es anders sein: ein Ritter.
Denn: Prag war die drittgrößte Stadt im Hl. Röm. Reich (nach Nürnberg und Köln).
UND: am Tanzenden Haus kommt man irgendwie zwangsläufig vorbei.
Ach ja - das tschechische Nationalgericht haben wir auch gegessen (damals: 5 EUR + 1,50 fürs Bier):
Schweinebraten mit Serviettenknödel und Pilsner Urquell Bier
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