Zum „CO2-Ausgleich“ für diesen Flug spende ich für den Erhalt der Regenwälder:
oroverde.de
Südkorea
April/Mai 2019
‚„Alptraumstadt Seoul“
Die schwarze Ausgabe
(Bad Taste? Ja, gewiss)
Sand aus der Wüste Gobi fliegt über Peking, Tianjin und andere chinesische Industriemoloche, nach Korea, reichert sich dabei mit giftigen Abgasen an.
Genau dort laufen wir herum.
Was wir „outgesourced“ (und „lohngedumped“) haben, wird hier billig produziert. Mit anderen Umweltschutz-Standards.
Wir wollen es billig.
Wir wollen nicht dort Urlaub machen, wo die Verschmutzung entsteht.
Wir wollen nach Asien fahren, und es dort schön haben.
Wir schauen gerne nach Asien, weil die Wirtschaft dort so schön wächst (und Gewinne abwirft).
Wir wollen in Asien investieren und Aktiengewinne einfahren.
Und schön sein soll es auch
Seoul ist eine hippe Megacity. Nichts, was es hier nicht gibt.
Sie hält alles für mich bereit. Wirklich alles?
Als Erstes brauche ich einen Kaffee. Und halbwegs Ruhe wäre schön.
Alles tut mir weh. 1-2 Wochen auf dem Boden sitzen und schlafen. Herum schlappen.
Überall sind Straßen und Passagen, voll mit Geschäften. Immer geht es noch weiter, zu mehr Konsum und noch mehr Konsum.
Dabei möchte ich gar nichts mehr tun.
Aufgabe: finde ein gemütliches Café, in dem Du schön Zeit verbummeln, und Dich vor Shopping retten kannst
Während die Frau beim Shopping ist, warte ich in irgendeinem Coffeeshop. Dort ist es laut. Kinder schreien, Leute unterhalten sich, alles hallt an den glatten Wänden wider. Als
Ausblick habe ich nur Gänge mit Geschäften. Nach 1h im Lärm halte ich es nicht mehr aus. Die Frau ist irgendwo, mein Handy hat keinen Empfang, ich kann nur warten.
Warten? Ja, das kann ich.
Dazwischen können wir ganz viel U-Bahn fahren. Immer rattern, ein -und aussteigen lassen, immer wieder die Durchsagen. Umsteigen, zu Fuß Treppen steigen, Gänge entlang laufen, einsteigen,
weiterfahren. Mit Rattern, Durchsagen und teilweise Gedränge.
Jeder U-Bahnhof ist auf Katastrophen eingerichtet. Die Gasmasken liegen in einem Schrank bereit, das Poster erklärt mir das richtige Verhalten im Ernstfall. Wir sind sicher.
LEEUM SAMSUNG ART MUSEUM
Keine Fotos in den Ausstellungen erlaubt
Deshalb die Aufgabe: vermittle etwas von dem, das uns die Künstler sagen wollen.
Rotunda, von Mario Botta
Nach Besichtigung der alten Vasen und Gefäße (wirklich schön) endet der Rundgang von Museum 1 in der Rotunda. Oben. Mit Blick nach unten. Dort hängt eine bunte Kordel herab:
„Alchemy“ heißt die Kordel von Chor Jeong-hwa, mit bunten Plastikformen, die unsere Konsumgesellschaft vor Augen führen soll. Sie wird bewundert und gerne geknipst. (Vielleicht weil sie so schön
bunt ist?).
Was sagen wir dazu?
- „Down is the only way“, sagt meine Frau dazu.
- „Hauptsache ich sehe dabei gut aus. Und kann in die Kamera lächeln“, meine ich.
Denn das junge Mädel neben uns macht genau das: auf den Stufen der Rotunde posieren, in die Kamera lächeln, während ihre Mutter viele schöne Fotos von ihr macht.
„Diese Natur, so reich an Schönheit“, von Zeng Fanzhi
Das Bild zeigt so etwas wie flaches Gestrüpp bei Nacht, während Mondschein hineinfährt.
Erinnert mich an den Strampfbach. Mit der richtigen Betrachtungsweise ist es dort richtig toll. Ohne sie bleibt es langweiliges Gestrüpp und dunkles Wasser.
Ein neogotisches Häuschen, in Form einer Kapelle, ist mit Buchpapier tapeziert. Das vermittelt etwas von der Halbwertszeit einer halben Ewigkeit.
Drinnen laufen Videoclips bzw. Schnipsel, auf vielen Monitoren. Gemacht für 2 Sekunden Sendezeit o.ä. Gesehen = vergessen.
Beim nächsten bin ich ratlos.
Meine Frau entschlüsselt es im Alleingang.
- Der Spiegel (oder die Glasplatte) ist, durch einen Bruch, in 2 Teile geteilt.
- Wenn ich mich nur selbst sehe, schaffe ich keine Verbindung zu meinem Gegenüber
- Erst wenn meine Eigensicht gebrochen wird, höre ich zu, sehe ich hin, und kann eine Verbindung schaffen
- Wie die 2 Steine, die durch diesen Bruch erst einen Draht zueinander finden
Souvenir-Shopping in Insadong
Aufgabe: finde das Kuriosum.
Alles, was Touristen sich wünschen. Viel Klimbim.
Das Besondere hier sind ein paar Stempelmacher. Nach individuellen Vorgaben schnitzen sie einen Rohling zu. Bekannte Kunden sind mit einem Foto erwähnt: Popstars, Fernsehstars, sogar ein paar
Diktatoren.
Die fette Kröte steht für Reichtum,Glück und langes Leben.
Die Fischgräte steht für ... ? Keine Ahnung. Habe ich das Kuriosum gefunden?
Schon wieder ein Coffeeshop. Wieder Zeit mit Warten verbringen. Ich trinke einen Cappuccino, der im Pappbecher kommt, mit Strohhalm. Der Becher verspricht mir eine völlig neue Geschmackswelt.
Dafür ist es ja auch ein Milkshake. Mit Cappuccino hat das nicht wirklich etwas zu tun. Der Monitor will mir Laune auf andere Getränke machen.
Foto und Text passen nicht zusammen. Kunststück, bei der Vielzahl an Coffeeshops und kaffeeähnlichen Milchshakes ...
Weitere Gänge entlang laufen, immer neue Läden, neue Monitore, die mir Lust auf noch mehr Konsum machen wollen. Dabei will ich etwas ganz anderes: einfach mal irgendwo sitzen, vorzugsweise im
Grünen, in Ruhe, ohne Konsumzwang.
Leider bin ich gefangen, in einer Megacity, einer Stadt der unendlichen Möglichkeiten. Alles ist hier, alles wartet auf mich – ob ich das will, oder nicht.
Konsum macht uns glücklich, Konsum ist voll toll.
Gute Orte für Selfies?
BUKCHON, UNHYEONGUNG, MUSEUM FÜR TRADITIONELLE KOREANISCHE MEDIZIN (DONGDAEMUN), NAMDAEMUN-MARKT, GYEONGBOKGUNG PALACE, JOGYE-SA TEMPEL, NATIONALMUSEUM, FISCHMARKT, 63 SQUARE, JEONGNEUNG
Königsgräber, ITAEWON, LINE FRIENDS STORE, BONGEUNSA TEMPEL, COEX-MALL,
COEX-AQUARIUM, JONGMYO SCHREIN, SINSA, LOTTE WORLD TOWER, CHANGDEOKGUNG, CHANGGYEONGGUNG PALACE
(Richtig: ich habe alle unsere Besichtigungen aus der Weißen Ausgabe kopiert. Überall werden unzählige Selfies gemacht).
Und natürlich:
Line Friends Store, U-Bahn-Haltestelle Anguk, Lotte Department Store, vor dem Onion, neben dem Onion, im Onion, im Beans&Berries, … , … , ….
Moomin-Café
Hier ist es ein wenig wie in Finnland. Schön leer, schön ruhig, irgendwie auch ein wenig traurig. Ich mag das.
Aber ich kann ja nicht ewig bleiben. Und gleich hinter der Tür ist ein Einkaufszentrum.
Ich bekomme Heimweh nach „German Underground“. Freue mich auf meine alten, schlechten CDs daheim, von Calva Y Nada, Deine Lakaien, Stiltskin und den Inchtabokatables.
Der Tagtraum ist zu Ende, draußen ist wieder alles freundlich und emsig. Menschen stöbern angeregt in Sortimenten, machen Fotos von sich selbst oder gegenseitig. Um eine Erinnerung an diesen
schönen Moment zu haben (falls sie diese unter den tausend anderen Selfies jemals wieder finden).
Aufgabe: Finde magische Stadtbewohner
(Stadtteil Hongdae)
Magische Wesen bleiben hier unentdeckt. Jeder ist beschäftigt Geschäfte anzuschauen, Restaurants auszuwählen, oder auf sein Smartphone zu starren.
An einem abgerockten Windfang, mit vielen Aufklebern gepflastert, bleibe ich hängen. Und an der Tür klebt ein Spruch, in etwa „Weisheit ist eine Art der Freundschaft“ o.ä. Wenn das kein
Hinweis auf den Magier ist?
Zwei Straßen weiter finde ich Hinweise auf die Gegenseite: „Dead Man Calling“ und das „Team Boner“. Na also.
Sogar das Wildleben wurde schon auf kolorierten Zeichnungen festgehalten:
- Stadtfrösche klammern sich im Sommer an benutzte Eiswürfel, um feucht zu bleiben
- Stadtameisen leben von heruntergefallenen Kuchenstücken
Wie komme ich weiter? Na, der Aufkleber sagt es mir doch, sogar auf deutsch:
„schnurstracksgeradeaus“
Etwas zu essen wäre jetzt gut.
l.: vor dem Poop-Café. Was mich abschreckt, ist nicht etwa die Form des Geschirrs, vielmehr die Größe der Gerichte (eher nur ein Snack)
r.: und das ist mir nicht geheuer ...
„Keep the Pho at Bay“
Endlich ein günstiges Essen („Pho Bay“ ist eine Kette für vietnamesische Gerichte). Gebratener Reis (= Resteessen auf asiatisch), und eine Pho (sprich: Fo), ein reichhaltiger Topf Suppe, mit
vielen Nudeln, einem Ei und z.B. dünnen Scheiben Schweinebraten o.ä.
Danach ein billiges Bier, das wäre schön.
Aufgabe: finde das Lotte-Kaufhaus, und dort billiges Bier
Versuch 1:
Unter der breiten Hauptstraße durch.
Mit der Rolltreppe runter in den Battery-Park, eine unterirdische Imbiss-Passage. Hinten raus, in die Underground-Shopping-Mall. Vorbei an alten Schallplatten, Geldwechselstuben, Pflegeprodukten,
und vielen Ständen mit Tanten-Klamotten.
Bei diesem Stand mit Tanten-Klamotten, der die braunen Hosen hat, biege ich ab – also gut merken! Rolltreppe hochfahren.
Bin ich zu weit gelaufen, und im falschen Land rausgekommen? Da steht ein Denkmal, aus einer anderen Zeit, mit martialischen Figuren, wie ein sozialistisches Arbeiter -und Krieger-Denkmal. Die
vielen Smartphone-Zombies können nur heißen, dass ich noch südlich der innerkoreanischen Grenze bin. Spiegelnde Hochhäuser stehen herum. Das protzigste Gebäude, ein Doppel-Tower, ist übrigens von
der Post.
Von der Lotte-Mall keine Spur, also zurück. Wie war das mit dem Stand mit den braunen Hosen? Welcher von denen war das nochmals? Wo muss ich wie abbiegen?
Versuch 2:
Oberirdisch, über die Fußgängerampel. Einfach darauf zuhalten.
Einbiegen in die Ladenmeile, mit ganz vielen Verkaufsständen, und noch mehr Passanten. An einer langen Mauer entlang stehen viele Polizisten, in Summe etwa 10 Beamte. Die hohe Steinmauer schützt
einen riesigen Garten, mit einem Tower darin, und noch mehr Gebäuden. Das Gelände ist riesig. „Botschaft der Volksrepublik China“ steht daran.
(Das ist mal eine klare Ansage. Die Botschaften von Portugal und Abu Dhabi waren „nur“ große Wohnhäuser … )
Ich komme zum Kaufhaus. Suche den Straßenübergang, und den Eingang zum Kaufhaus.
Davor ist die Puschkin-Plaza, mit einer kleinen Statue des Dichters. Private Institutionen aus Russland und Südkorea hatten sie 2013 gestiftet, um die Zusammenarbeit beider Nationen zu
untermauern.
Jetzt noch die Getränke im Untergeschoss finden, in dem sich der Feinschmecker-Markt ausbreitet. Weiter, weiter, ja, da hinten, da gibt es Getränke … Ich habe das Bier gefunden. Kleine und noch
kleinere Dosen, zu Preisen, die … , umgerechnet auf den Liter …, oha …, überhaupt nicht günstig sind. Im Gegenteil. (Circa 6 € / Liter)
Versuch 3:
Ich gehe zurück, fast bis „heim“, dort in den Seven-Eleven. Siehe da: hier kostet alles etwa die Hälfte. (Circa 3 € / Liter). Und das habe ich um die Ecke …
Ausklang
Im Radio finde ich die mediterrane Stunde. Ein paar italienische, viele portugiesische Lieder. Kein Lied kommt ohne das Wort „tristeza“ aus. Ah, herrlich, dieser Schwermut. 20 Minuten sind mir
vergönnt, dann übernimmt die Kollegin das Programm, mit Klassik.
Ich muss aber schon schlafi-schlaf machen. Morgen Früh darf ich um 4:00 aufstehen, um den Heimflug nicht zu verpassen. Das ist auch etwas Schönes.
CONVENIENCE STORES (aka: Combinis)
GS25 / MiniStop / CU / Seven Eleven / eMart (u.a.)
Kleine Läden, die es überall gibt. Wirklich überall. (in Japan ebenso)
Sie sind vielseitiger, als es auf den ersten Blick scheint (ich kenne längst nicht alle Möglichkeiten)
Kaffee aus dem Tank. Oder: Becher mit Kaffeepulver kaufen, öffnen, Heißwasser aus dem Spender einfüllen, umrühren, hinsetzen.
Süße Teilchen dazu kaufen.
Nudelsuppentopf kaufen, Heißwasser aus dem Spender, umrühren, hinsetzen, essen. Oder mitnehmen, für zuhause.
Corndog kaufen, dort in die Mikrowelle legen, gehen, essen.
Einen Becher Eiswürfel kaufen. Eine Tüte Saft/Sirup dazu, mischen, klopfen/schütteln/rühren, Strohhalm nehmen, trinken, gehen.
Haarspangen, Zahnbürsten, Kondome, Duschgel. Apfel, Bananen, Reisdreiecke, Fertig-Sandwiches. Instantkaffee, Tee, Kaugummi, Schokoriegel.
Vorgekochter Reis, auch im Set mit Soße. Krabben-Surimi oder Wurst am Spieß zum Fertigbraten. Dosenfisch.
Gekühlte Getränke: Wasser, Limo, Bier.
Ungekühlte: Wein, Schnaps.
Chips, Knabbereien. Getrocknete Tintenfischstreifen oder Trockenfisch - als Snack zum Bier.
Schokolade.
Alles auf 20-50 qm, und in fast jeder Straße, oft 24h. Kein Wunder, dass dort immer was los ist.
Kuriosum: Kinder-Schokolade, Made in Germany
in Südkorea: im CU auch die T-Money-Card aufladen, ode damit bezahlen.
An der Kasse einen Geldschein hinlegen, und die Karte; der freundliche Mensch kann das Guthaben auf die Karte zaubern (zum U-Bahn fahren).
Atemmasken gibt es auch.
Wir haben unsere aber aus der Apotheke. Die Qualität ist dort besser, v.a. für Feinstaub-Schutz.
HANGEUL und Koreanisch
Ist nicht schwer, kann man auf dem Flug noch schnell lernen - behaupten diverse Leute/Reiseberichte.
Die Schrift ist für Ostasien tatsächlich weit vorne. Mit einer überschaubaren Anzahl an Schriftzeichen werden Wörter und Namen gebildet. Exzessives Schriftzeichen-lernen (wie in China oder Japan), wo man erst ein paar hundert kennen muss, damit es losgehen kann, entfällt hier.
Im Flugzeug: versuche ich zu schlafen. Von lernen keine Spur.
Sagen kann ich gerade mal Wörter für: Hallo, Danke, ja, nein, vielen Dank, und "bitte" für die Verwendung in "bitte geben". (eine 1:1 Übersetzung für "bitte" gibt es nicht)
Südkorea ist fast durchgehend zweisprachig (englisch), das erleichtert es mir seeeeehr.