„Manövrierunfähing in der Riesen-Mall“
Abends noch schön durch die COEX-Mall schlendern, Asiens (angeblich) größtes Untergrund-Einkaufszentrum - das wird bestimmt ein Erlebnis! Mal schauen, was es hier Schönes gibt ...
Ah, Gummibärchen! „Happy Pills“ heißt der Laden, das ist ja witzig. Mh, lecker! Und hat das rote noch kurz geleuchtet?
Lustige Piratenmusik lockt mich an und macht mir Laune. Um mich herum sind überall Fische, nur ich bin im Trockenen. Habe ich Eintritt bezahlt? Ich kann mich gar nicht erinnern.
Bin ich eingeschlafen? Wie komme ich in dieses Bett? Warum sind Fische um mich herum? Ich werde mir erstmal einen Schluck Wasser in der Küche holen.
Da sind Fische in der Spüle! Und im Kühlschrank! Ich muss den Hausmeister anrufen, damit er etwas dagegen unternimmt. Warum ist der Apparat in einer Telefonzelle – und warum schwimmen Fische
darin herum? Das ist nicht auszuhalten – ich laufe jetzt solange herum, bis ich Hilfe finden kann. Oder ist die ganze Stadt schon abgesoffen?
Jetzt stehe ich auf einer Rolltreppe, die nicht nach oben und nicht nach unten führt – sie ist flach und führt geradeaus. Neben und über mir schwimmen Sardinen, Haie, Rochen und Schildkröten. Bin
ich am Grunde des Meeres angekommen?
Weiter vorne stehen Leute, die sich vom Band fahren lassen und Fische anschauen, alles scheint wieder normal zu sein.
Ah, ich komme in einen großen Saal, mit vielen Menschen. Es ist ein gutes Gefühl, nicht allein zu sein. In dem großen Becken vor uns erscheint eine Nixe, eine hübsche junge Frau, und winkt mich zu sich her. Was kann ich für sie tun? Ich gehe näher ans Becken heran, klettere ganz nach oben, steige ins Wasser und schwimme zu ihr. Sie reicht mir ein Plastikrohr und ich kann unter Wasser atmen. Ich versuche ihre Bewegungen nachzumachen, sehe die anderen Menschen, die sich darüber freuen und mir zuwinken. Wie es scheint habe ich alles richtig gemacht. Sie packt mich an der Hand, zieht mich hinter sich her, an die Oberfläche, wo hilfsbereite Menschen mir aus dem Wasser helfen.
So schön mein Ausflug in die Tiefen des Meeres war, so schön ist es, sie wieder zu verlassen. Neugierig schlendere ich die unterirdischen Gänge entlang, vorbei an jeder Menge Restaurants und Boutiquen. Was ich wohl als nächstes erlebe?
Ein riesiges Bücherregal, das bis zur Decke reicht! Ich freue mich schon darin zu stöbern. Wenn es nur etwas heller wäre ... da liest jemand aus einem der Werke vor. Ah ja, mhm, so so ... das klingt sehr interessant, aber schwer verständlich. Es scheint interessant und spannend zu sein, denn ganz viele Leute sitzen und hören ihm zu.
Mal schauen was noch so los ist ...
Junge Mädchen singen synchron und hüpfen zur Musik herum. Wie schön sie das machen! Die Leute stehen um sie herum und bewundern sie. Der Rhythmus ist wie eine Einladung, ich bewege mich zur
Musik. Das gefällt den Leuten, sie lachen und klatschen mir Beifall. Leider ist meine Kondition nicht so gut wie die der Sängerinnen, und ich muss mich erfrischen.
Hat das Urinal noch rot geblinkt, während es abfloss? Ich fühle mich auf einmal richtig erleichtert. Hände waschen nicht vergessen – du meine Güte, da kann ich ganz schön viel abwaschen. Mein
Spiegelbild wirkt verwahrlost und ich habe Hunger. Wie spät ist es überhaupt? Meine Armbanduhr zeigt 11:07. Elf Uhr vormittags, oder elf Uhr abends? Aus meinem Handy läuft Wasser, es ist hinüber,
und kann mir diese Frage nicht mehr beantworten. Bleibt mir nur, Passanten zu fragen.
Meine Umfrage hat mir nur Gelächter eingebracht. Aus Höflichkeit taten die Koreaner so, als machte ich einen netten Witz. Denen muss ich vorkommen, wie ein abgestürzter Säufer
... Bleibt mir nur, etwas zu kaufen. Dazu gibt es hier mehr als genug Gelegenheit, ich kann mich gar nicht entscheiden. Eins dieser Lätzchen mit Kätzchen drauf kann ich brauchen. Den Beleg
abwarten, der mir zeigt ... Kaufdatum heute ... 23:11. Du meine Güte, was habe ich die letzten 12 Stunden hier gemacht? Kein Wunder dass ich so hungrig bin.
Mit Essen im Bauch fühle ich mich gleich so viel besser! Ein leckeres Reisgericht mit Pilzen, Gemüse, ein wenig Fleisch und Soße ist in solchen Fällen eine echte Rettung. Eine Nachspeise hat noch
Platz – ich werde durch die Gänge schlendern und mir etwas suchen.
Gleich ist es Mitternacht, und im Einkaufszentrum schwirren fast genauso viele Menschen umher, wie am Nachmittag und Abend – von Ladenschluss ist noch keine Spur.
Bei dem ganzen Gewirr an Gängen und Stockwerken ist es nicht schwer, die Orientierung zu verlieren. Ich werde mich strikt in eine Richtung bewegen, vorzugsweise in Richtung U-Bahn.
Hier sieht es mir nach Ausgang aus, ich habe es geschafft hier heraus zu finden!
Oh, der letzte Stand verkauft Gummibärchen. Ich liebe Gummibärchen! „Happy Pills“ ist ein lustiger Name für den zugehörigen Laden, ich könnte mich wegwerfen vor Lachen. Wer kann da schon
widerstehen?
Pers.Anm.: diese Geschichte ist fiktiv.
Woran ihr das erkennt: der Autor mag keine Gummibärchen.
Sie sind ihm viel zu süß, und haben ihm nicht genug Kalorien.
Inspiriert wurde sie von der "Original Coex-Mall" in Seoul, c/o Reisebericht Südkorea:
https://wortlaterne.jimdo.com/reiseberichte/s%C3%BCdkorea-2019-white-edition/