Teehaus im Engl. Garten, München
Teezeremonie
Oder: „Chado“ – der Weg des Tees
Oktober 2018
„In der Unendlichkeit des Himmels: keine Wolke zu sehen“.
Wer hatte schon je die Gelegenheit, an einer japanischen Teezeremonie teilzunehmen, oder zu einer eingeladen zu werden? Wir nicht.
Für Unbedarfte wie uns gibt es das Japanische Teehaus im Englischen Garten, München. An einem Wochenende im Monat (außer Winter) gibt es kostenpflichtige Vorführungen (2018: 8,- € p.P.). Max. 25
Personen, Voranmeldung nicht möglich.
„In der Unendlichkeit des Himmels: keine Wolke zu sehen“.
So lässt sich das Wetter an diesem Oktobertag 2018 beschreiben.
Fast eine Stunde stehen wir vor der Tür, auf dem Brückchen, betrachten die Natur im Park. Streifengänse tummeln sich und fühlen sich wohl. Die Art stammt aus Asien – in Europa gibt es nur
vereinzelte Habitate. Klar, dass sie sich hier wohlfühlen ...
Unter der Brücke sehen wir das Leben im Wasser. Meine Haiku-inspirierte Beobachtung: Egal, wie klein der Fisch ist: in der Strömung kommt er genauso schnell voran, wie
die großen.
l.o.: auf der Insel, hinter den Bäumen: da versteckt es sich
Wir dürfen rein. Steingarten, Gingko, herbstlich leuchtender Ahorn, ein Weg aus Natursteinplatten zum Eingang des Häuschens.
Freundliche Menschen haben sich in einem Verein organisiert, um die Teezeremonie hier am Leben zu erhalten. Diesen freiwilligen Einsatz bewundere ich.
Wir sitzen auf einem Bänkchen, schauen der Zeremonie zu. Ein deutsches Vereinsmitglied erklärt uns das Ganze, sehr entspannt und angenehm. Zwei Japanerinnen spielen Gast und Gastgeberin. Sie
tragen Kimonos und hochgesteckte Frisuren, vollkommmen stilecht.
Das Teehaus kam 1972, in Komponenten vorgefertigt, zur Olympiade nach München (die in Deutschland und Japan ausgetragen wurde, in München und Sapporo), und wurde von japanischen Handwerkern
montiert. Pate stand eine Teeschule in Kyoto, von der Münchner Meister ausgebildet wurden.
Der Gast öffnet eine der Schiebetüren, auf drei Etappen, betritt den Raum. Bewundert das Blumengesteck in der Schmucknische, die ein wenig mehr nach oben aufragt (ähnlich wie ein Turm). Bestaunt
das Rollbild, das extra für einen Tag, oder für einen Anlass, dort aufgehägt wurde. Nach diesem Anlass wird es wieder verräumt. Aktuell aufgezogen ist der Spruch:
„In der Unendlichkeit des Himmels: keine Wolke zu sehen“.
Das ist eine Aufforderung, alle Sorgen draußen zu lassen, um sich eine schöne Zeit mit Tee zu machen; eine Zusammenkunft, die es so nicht wieder geben wird. Also geht es darum, im Jetzt zu sein,
den Moment zu genießen.
Der Gast nimmt Platz auf der Tatamimatte, die für Gäste vorgesehen ist. Die Gastgeberin betritt den Raum, beide grüßen sich durch eine stumme Verbeugung.
Der Wasserkessel steht auf einem Holzkohlefeuer. Die Stückchen haben optimale Größe, geben ihre Wärme schön gleichmäßig ab; in einer gesonderten Zeremonie (vorab) wurden sie aufgeschichtet und
zum glühen gebracht.
Der Gast darf seinen Keks essen. Die Süßigkeit kontert die Herbe des Tees. Nach einer Reinigung der Utensilien wird der Tee gerührt. Mit Bambuslöffel Pulver von der Teedose in die Schale, mit
Wasser aufgießen und mit Rührbesen anrühren, fertig. Jeder Handgriff sitzt. Der Gast holt seine Schale ab.
Jede Teeschale ist ein Unikat, von Hand gefertigt, oft ein Erbstück und manchmal auch etwas wert. Der Gast bewundert die Schale und ihr Motiv. Eine Signatur des Künstlers macht sie zu einer
kleinen Kostbarkeit.
Die Beiden plaudern ein wenig, aber nicht zu viel und nicht allzu privat.
Zum Schluß wird die Schale nochmals mit heißem Wasser gewaschen und getrocknet. Die Gastgeberin zieht sich zurück.
Der Gast bewundert nochmals Rollbild, Blumengesteck, Teeschale, sowie Teedose (meist lackiert),den perfekt geformten Teehügel in ihr, Bambuslöffel, bedankt sich und verlässt den Raum. Schiebetüre
schließen, wieder auf drei Mal: mit linker Hand zuziehen, rechte Hand zur Fortsetzung, bis kurz vor der Fassung, das letzte Stück am Knauf und sachte schließen.
Die Gastgeberin kommt zurück, verräumt alles, verlässt den Raum und schließt die Schiebetür von außen. Keine Rückstände bleiben zurück, der Raum ist so sauber wie zuvor.
Natürlich haben wir darüber Durst bekommen. Jeder erhält einen Keks, jahreszeitlich mit einem Gingkoblatt dekoriert, und eine Schale Matcha-Tee.
Das Ritual wurde im 16. Jh. entwickelt, als Tee von China nach Japan gebracht wurde. Mönche hatten ihn dort kennengelernt und mitgebracht. Ihre Buddhismus-Richtung nannte sich damal „Chan“, heute
„Zen“.
Gastgeber und Gast wissen bei einer Teezeremonie, was zu tun ist. So sind auch größere Gruppen (praktische Grenze liegt so um die 9 Gäste) für den Gastgeber machbar – der übrigens immer nur einer
ist (sonst gäbe es ja Gerangel bei der Zubereitung).
Kuriosum 1: Den Bambuslöffel hatte ein Mönch im Ryōan-ji in Kyoto gefertigt – das wir bei unserem Aufenthalt 2009 in Kyoto besichtigt hatten. So schließt sich für uns ein Kreis ...
Kuriosum 2: In Otaru, bei Sapporo gibt es ein Hofbräuhaus, das Bier nach deutschem Vorbild braut und ausschenkt.
Der Internetauftritt des Teehauses, mit weitergehenden Infos: